
Wir laden ein. Wir sehen hin. Wir hören zu. Wir fühlen mit. Wir zeigen Herz. Wir wirken mit. Wir mischen uns ein.
(Auszug der Weimarer Erklärung)
Ein guter kurzer Satz. Er steht für so vieles und wir können ihn bestimmt auch öfter lesen. Er steht auch in unserer Weimarer Erklärung. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie fast 100 Führungskräfte unseres Regionalverbandes im Frühjahr 2019 in Bad Sulza an dieser Erklärung, unserer Weimarer Erklärung, gearbeitet haben. Ein sehr schöner Prozess. Partizipativ. Konstruktiv. Ganz bei der Sache haben wir uns intensiv mit den wichtigen Leitlinien und Haltepunkten für unsere ganz eigene Zukunft befasst. Große Veränderungen für uns, unsere Gesellschaft und unser Land lagen damals bereits schon in der Luft. Seit Jahren ist es für uns im Verband eine der vordringlichsten Aufgaben, besondere Begabungen und Veränderungsbedarfe rechtzeitig zu erkennen und Veränderungsprozesse meisterlich zu managen. Ohne Übertreibung können wir für unseren Regionalverband behaupten, hierbei recht kompetent zu sein. Die kurzen Sätze in unserer Weimarer Erklärung haben uns in den zurückliegenden Jahren vielfach die Kraft verliehen, fast unüberwindlich Scheinendes zu meistern. Als erstes erinnere ich mich an unseren Weg, für uns und später auch für die gesamte Thüringer AWO einen neuen Tarifvertrag zu erwirken. Wir haben uns damals zugetraut, diesen nicht ganz einfachen Weg gegen viele Widerstände für unsere Beschäftigten zu beschreiten. Mit den DGB Gewerkschaften Verdi und GEW haben wir das seinerzeit geschafft. Nur fünf Jahre später verhandeln wir heute gemeinsam für alle über 11.000 Thüringer AWO Beschäftigten einen einheitlichen Tarifvertrag.
Dieser Satz und alle weiteren haben uns durch die bisherigen Krisen der jüngeren Vergangenheit getragen. Allen voran diese schlimme Pandemie, hervorgerufen durch das Virus COVID-19. Meine beeindruckendste und mit Abstand arbeitsreichste Zeit im beruflichen wie auch im privaten Kontext. Eine Zeit mit vielen Opfern, mit großen und drastischen Einschnitten, mit einigen schwerwiegenden Entscheidungen und Fehlentscheidungen. Eine Zeit, die vieles hervorgebracht und uns allen gezeigt hat, wie verletzlich wir Menschen auch sind. Eine Zeit, die uns Menschen gezeigt hat, wie wichtig für uns Solidarität, Gemeinsinn, Rücksichtnahme und gegenseitiger Respekt sind. Eine Zeit, in der wir uns wieder in Erinnerung gerufen haben, worauf es wirklich ankommt im Leben, was wirklich wichtig ist und dass wir große Herausforderungen nur gemeinsam bewältigen können.
Drei sehr starke Worte in einem kurzen Satz vereint. „Wir“, steht für gemeinsam und zusammen. Es steht für eine unteilbare Wertegemeinschaft. „Sind“ steht für das Tatsächliche. Das Wort ist eine reflektierte Form von sein. „Mensch“ steht für uns. Wir Menschen haben viele Eigenschaften und Merkmale. Mensch ist auch der Titel des deutschen Sängers Herbert Grönemeyer. Der Liedtext kommt mir häufiger in den Sinn. Die Anlässe sind ganz verschieden.
"Und der Mensch heißt Mensch, weil er vergisst, weil er verdrängt. Und weil er schwärmt und stillt, weil er wärmt, wenn er erzählt. Und weil er lacht, weil er lebt.
Du fehlst."
Anders als andere Lebewesen haben wir z. B. ein Bewusstsein. Unser Bewusstsein ist ein komplexes Phänomen. Es ermöglicht uns, unsere Umwelt wahrzunehmen. Wir sind in der Lage, über uns selbst und unsere Existenz zu reflektieren. Wir können über die Vergangenheit nachdenken, Pläne für die Zukunft schmieden und komplexe Emotionen wie Hoffnung, Freude, Angst und Trauer erleben. Ein weiterer Aspekt unseres menschlichen Bewusstseins ist die Fähigkeit, Empathie zu empfinden. Wir können uns in andere hineinversetzen und Gefühle und Gedanken nachempfinden. Diese Eigenschaft fördert soziale Bindungen und ist grundlegend für die Gemeinschaft und die Entwicklung von Kulturen. Wir Menschen besitzen die Fähigkeit, moralisch zu sein. Unsere Moralfähigkeit ist eng mit dem Bewusstsein verbunden. Sie beinhaltet das Erkennen von Gut und Böse, das Empfinden von Schuld, Scham und Stolz sowie das Entwickeln von ethischen und moralischen Grundsätzen. Diese, unsere Fähigkeit ermöglicht es uns, über das individuelle Wohl hinauszudenken und das Wohl anderer in die eigenen Überlegungen einzubeziehen. Das ist für das Funktionieren von Gesellschaften entscheidend. Die Moralfähigkeit zeigt sich auch in dem Bestreben nach Gerechtigkeit und Fairness, in der Fürsorge für Schwächere und im Streben nach einer besseren Welt.
Täglich begleitet mich dieser Satz. Oft unbewusst, aber doch permanent. Wenn ich z. B. in einer Dienstberatung mit Kolleg*innen wichtige Fragen für unsere Arbeit, für unseren Verband oder andere Bereiche bespreche. Wenn wir gemeinsam wichtige Themen beraten. Wenn wir abwägen und Entscheidungen treffen. Manchmal treffen wir sehr schwierige und existenzielle Entscheidungen. Beim späteren „Darübernachdenken“ ergreift mich dann ein gutes Gefühl. Das hat damit zu tun, dass mir in diesen Sekunden immer deutlich wird, dass ich mit ausnahmslos guten Menschen zusammenarbeiten darf. Jede*r für sich genommen und erst recht im Team. Ein riesengroßes Glück! Für mich. Für das ganze Team und für den Teil der Gesellschaft, mit dem wir gut verbunden zusammenarbeiten.
Dieser Satz klingt mir in den letzten Jahren auch ganzbesonders dann im Ohr, wenn ich mir leider Sorgen umunsere Demokratie mache. Wenn ich mir vor Augen führe,in welch großer Geschwindigkeit sich relevante Gruppenunserer Gesellschaft auseinanderdividieren, wie rasantHass und Hetze zunehmen, wie stark wir das Anwachsen von Rassismus beobachten. Ich denke an diesen Satz,wenn ich einen so stark anwachsenden Bevölkerungsanteilbeobachte, denen egal ist, ob die Partei, die siewählen möchten, als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wurde. Eine Partei, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, unsere Gesellschaft zu spalten, die dem Rassismus ungehemmt und mit Vorsatz Tür und Tor öffnet und deren Protagonisten ganz ungehemmt vom Gestern träumen, die im Holocaust, den Gräueltaten im 2.Weltkrieg und den Verbrechen in Buchenwald lediglich einen „Vogelschiss“ unserer deutschen Geschichte sehen. Das macht mir und vielen Menschen in unserem Land große Angst. Diese Partei möchte unsere Demokratie abschaffen. Eine Demokratie, die wir Menschen uns mit großen Opfern in vielen Jahrhunderten erschafft haben. Ich gebe gerne zu, dass auch mir nicht immer alles in unserer Demokratie Beschlossene passt. Ich gebe auch zu, dass ich mit einigen Entscheidungen (auch wie sie getroffen wurden) nicht einverstanden bin. Doch ich weiß auch, dass das Wesen unserer demokratischen Politik meist der kluge Kompromiss ist. Es sind die kleinen Schritte und der vorsichtige Ausgleich von Interessen, die am Ende gute und tragbare Wege beschreiben. Vieles geht scheinbar zu langsam, aber genau dadurch achtet unsere Gesellschaft die Würde des Menschen, dadurch ist es rechtsstaatlich. China, Russland und andere autoritäre Systeme können da niemals Vorbild für uns sein. In den jüngsten Krisen unseres Landes hat sich gezeigt, dass auch in einer Demokratie fast alles möglich wird, wenn Gefahr droht. Diese Kraft brauchen wir jetzt. Die Umwälzungen der letzten Jahrzehnte und die noch anstehenden Veränderungen sind zu gewaltig, denn der alte Rahmen für das freie Spiel der Kräfte ist verbogen. Aber wenn wir wollen, können wir die Zukunft auch weiter erfolgreich gestalten. Nichts entfaltet mehr Kraft als der gemeinsame Wille von uns Menschen. Wir müssen uns immer und jederzeit verdeutlichen, wie wichtig es ist, die Menschenrechte zu verteidigen. Wir Menschen können nur gemeinsam erkennen, was auf dem Spiel steht und dann werden wir unsere Demokratie verteidigen. Es geht dabei auch um jeden einzelnen Mensch.

hin- und hergerissen zwischen verschiedenen Bildern von sich selbst. Ist er ein Mängelwesen, das, unfertig in die Welt geworfen, ohne kulturellen Schutzmantel nicht überleben kann und der fürsorglicher Bevormundung bedarf? Oder ist er der unaufhaltbare Held, der die Welt seiner Vision folgend aus den Angeln hebt? Durch welche ideologische Brille ich gesehen werde, so werde ich auch behandelt, und so sehe ich mich irgendwann selbst und handle dementsprechend. Am bitteren Ende jedoch (wenn wir es leichtsinnig und gedankenfrei zulassen) werden es nicht mehr nur ideologischen Brillen sein, durch die wir blicken.
Am Ende fällt mir ein so schöner, ein so guter und einfacher Satz ein… erst kürzlich von Marcel Reif, in einer Rede im deutschen Bundestag aus dem Mund seines verstorbenen Vaters zitiert, eindrücklich und tief berührend:"
"Sei ein Mensch!"
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